Seilbahn oder Naturschutz?
Das BVwG hat eine Konzession für die Seilbahn Kahlenberg erteilt. Jetzt wird es spannend – unsere Bedenken zu dem umstrittenen Projekt:
Die Bezirksvertretung Döbling hat am 2. März 2023 den von GRÜNEN und SPÖ eingebrachten Resolutionsantrag gegen die Seilbahn auf den Kahlenberg mit überwältigender Mehrheit angenommen – nur zwei Mandatare der NEOS sprachen sich dagegen aus. Nun haben die Betreiber ihre Pläne öffentlich präsentiert. Die Linienführung hat sich seit den ersten Überlegungen mehrfach geändert, so wurde die Station Kahlenbergerdorf wieder gestrichen – auch weil sie der Ortsbild-Schutzzone widersprochen hätte. Dennoch bleiben wir dabei: Döbling braucht kein Mega-Tourismusprojekt auf Kosten der Natur und der Bewohner:innen.

Uns Grünen ist der Naturschutz wichtig.
Auch wenn die Betreiber (die Genial Tourismus- und Projektentwicklungs-GmbH, im Eigentum der Betreiber der Erlebniswelt Kahlenberg (Waldseilpark, 3D Bogensportparcours)) versuchen, das Tourismus- und Erlebnisprojekt als Öffi-Alternative, bzw. „modernes Mobilitätsangebot im urbanen Raum“ zu promoten – in Summe wird sich dadurch der Modal Split im Bezirk nicht großartig verändern. Der 38A verfügt über ausreichende Kapazitäten und könnte noch verdichtet werden. Die Anbindung von Jedlesee nach Heiligenstadt wäre vielleicht aus verkehrstechnischer Sicht eine gute Sache, allerdings ist die Donauinsel ein Schutzgebiet Wald und Wiese. Das ruhige und beschauliche Landschaftsschutzgebiet wäre massiven Eingriffen ausgesetzt.
630 Park- & Ride-Parkplätze sind geplant – das lässt also mehr als weniger Verkehr erwarten, zumal mit zusätzlichen Tourist:innen (pro Stunde rund 1800 Personen) gerechnet wird. Auch die extra Kosten eines Seilbahn-Tickets sprechen gegen Pendlerinnen und Pendler vom 21. in den 19. – und auf den Kahlenberg gibt es eher wenig Berufsverkehr.
Im Biosphärenpark ist eine Seilbahn zwar nicht a priori ausgeschlossen. Dass sich ein mehrere Meter hohes Stationsgebäude und dazugehörige Gastronomie- und Erlebnisbauten ohne Einbußen in die Naturlandschaft einfügen, ist allerdings anzuzweifeln. Für die Seilbahn sollen tausende Quadratmeter Wald gefällt und versiegelt werden, mehr als 5.000 m² wären allein für die Station Strebersdorf zu roden. 23 mehrere Meter hohe Stützen integrieren sich schwer in das Landschaftsbild, auch wenn die Betreiber meinen: „Durch die Empfehlung der Experten im Bereich Naturschutz die Stützen farblich ihrer Umgebung anzupassen, kann eine optische Beeinträchtigung des Landschaftsbildes noch weiter reduziert werden.“ Was grün angemalt wird, ist noch lange nicht grün.
Derzeit ist nicht einmal Umweltverträglichkeitsprüfung in Aussicht. Während laut österreichischem Seilbahngesetz aufgrund der Größe des Projekts keine UVP notwendig scheint, sprechen aber EU-Vorschriften dafür, dass eine UVP durchgeführt werden muss. Diese Frage ist dringend zu klären!
Das Seilbahngesetz und das Erkenntnis des Gerichts kümmern sich auch nicht um die Menschen, die unter der Seilbahn wohnen. Die Trassenführung wurde zwar optimiert, sodass mittlerweile weniger betroffen sind als in den ersten Entwürfen, trotzdem wird sich für einige Menschen viel ändern. Und da sind die Besucher:innen der FKK Zone auf der Donauinsel noch gar nicht mitgerechnet.
In den Gerichtsunterlagen heißt es: „Aufgrund der … erwartbaren Beeinträchtigungen der Landschaftsgestaltung ist in großen Teilen des Untersuchungsraums während der Betriebsphase mit schweren Eingriffen in das Schutzgut zu rechnen.” Für uns GRÜNE wiegen Natur- und Landschaftsschutz einfach mehr als gigantische Tourismusprojekte – daher lehnen wir dieses Projekt ab.
beschlossener Resolutionsantrag
Die Bezirksvertretung Döbling spricht sich gegen die Errichtung einer Seilbahn auf den Kahlenberg aus.
Begründung
Durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.3.2022 (Geschäftszahl W234 2228145-1) wurde der Projektbetreiberin die Konzession für den Bau und Betrieb einer Seilbahn über den Leopoldberg auf den Kahlenberg für 50 Jahre erteilt. Dies stellt noch keine Aussage über Materieverfahren (z.B. naturschutzrechtliche Verfahren, wasserrechtliche Verfahren, Bauverfahren) dar. In Döbling sind aber nicht nur streng geschützte Tier- und Pflanzenarten in der Kernzone des Biosphärenparks betroffen, sondern auch das Landschaftsbild und, was im Erkenntnis überhaupt nicht gewürdigt wurde, die Bewohnerinnen und Bewohner des Bezirks, die dann unter der Seilbahntrasse wohnen. Nicht näher spezifizierte, angeblich mögliche „Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen“ mindern die wesentlichen umweltschutztechnischen Einwendungen gegen das Projekt laut dem Erkenntnis aber ab, sodass aus wirtschaftlichen und touristischen Interessen die Konzession zu erteilen war. Wir als Bezirksvertretung Döbling sprechen aber für die hier wohnenden Menschen und vertreten ihre Interessen und schützen die Natur. Tausende Quadratmeter permanent gerodeter Wienerwald, ganz abgesehen von „temporären“ Rodungen im Rahmen der Bautätigkeiten, sprechen eine eindeutige Sprache. Bis zu eine halbe Million zusätzliche Touristen auf dem Kahlenberg würden aber auch noch ganz andere Dimensionen der Infrastruktur dort notwendig machen.